Minderung der Gewerbemiete wegen Corona-Lockdown

von Redaktion Recht im Mittelstand - Stand 26.04.2021

Corona hat unser Leben in vielen Bereichen geändert mit teilweise massiven sozialen, finanziellen und wirtschaftlichen Folgen. Besonders Gewerbetreibende sind von einem staatlich angeordneten Lockdown hart getroffen. Sie müssen ihre Geschäfte ganz oder teilweise schließen und die Einnahmen brechen ihnen weg, während die meisten Fixkosten, z.B. die Gewerbemiete, weiterlaufen. Für viele Geschäftsleute kann das existenzbedrohend sein. Einen Lichtblick gibt es jedoch bei der Gewerbemiete. Hier hat die Bundesregierung im Dezember 2020 klargestellt, dass durch eine staatlich angeordnete Schließung der Geschäfte eine Störung der Geschäftsgrundlage vorliegen kann. Im Klartext heißt das, dass die Minderung der Gewerbemiete ggf. zulässig ist. Entsprechende Gerichtsurteile liegen bereits vor.

Bundesregierung stellt Weichen für Minderung der Gewerbemiete

Während des ersten Corona-Lockdowns galt in der Rechtsprechung noch verbreitet die Meinung, dass das Risiko der Geschäftsschließung alleine vom Mieter zu tragen sei und die staatlich angeordnete Schließung keine Rechtfertigung für eine Minderung der Gewerbemiete sei. Das hat sich nach einem Beschluss der Bundesregierung Ende 2020 jedoch geändert. Die Bundesregierung hat am 18. Dezember 2020 die Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Miet- und Pachtrecht beschlossen. Demnach kann in der pandemiebedingten staatlich angeordneten Schließung der Geschäfte eine Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB liegen. Die Position der gewerblichen Mieter hat sich dadurch deutlich verbessert.

§ 313 BGB Störung der Geschäftsgrundlage

Die Regelung besagt, dass eine Anpassung des Mietvertrags verlangt werden kann, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag so nicht geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderungen vorausgesehen hätten.

Der Gesetzgeber hält diese Umstände durch eine Corona-bedingte Schließung für gegeben und hat mit Artikel 240 § 7 EGBGB Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen eine neue Regelung hinzugefügt.

Artikel 240 § 7 EGBGB im Wortlaut:

(1) Sind vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar, so wird vermutet, dass sich insofern ein Umstand im Sinne des § 313 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat.

(2) Absatz 1 ist auf Pachtverträge entsprechend anzuwenden.

Diese Regelung ist am 31.12.2020 in Kraft getreten und kann angewendet werden. Wichtig ist aber, dass sich aus dieser Regelung kein Automatismus für eine Mietminderung ergibt. Der Gesetzgeber hat mit diesem Artikel lediglich die gesetzliche Vermutung geschaffen, dass die Regeln zum Wegfall der Geschäftsgrundlage bei einer pandemiebedingten Schließung anwendbar sind. Dabei wird an die Vertragsparteien appelliert, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Gleichwohl wurde die Verhandlungsposition des Mieters dadurch erheblich gestärkt.

OLG Dresden und KG Berlin: Gewerbemiete kann gemindert werden

Trotz des Appells ist eine einvernehmliche Einigung zwischen Vermieter und Mieter zur Anpassung des Gewerbemietvertrags nicht immer möglich und die Gerichte müssen entscheiden. Hier zeigt sich die Tendenz, dass die Gerichte eine Mietminderung für gerechtfertigt halten. Hervorzuheben sind hier die obergerichtlichen Urteile des Oberlandesgerichts Dresden und des Kammergerichts Berlin.

OLG Dresden, Urteil vom 24.02.2021, Az.: 5 U 1782/20

Das OLG Dresden (zum Urteil) hat entschieden, dass eine Einzelhändlerin, die ihr Ladenlokal wegen der Corona-Pandemie schließen musste, die Kaltmiete für die Geschäftsträume um 50 Prozent mindern darf.

Aufgrund des behördlich angeordneten Corona-Lockdowns hatte die Textilhändlerin ihr Geschäft im Frühling 2020 für mehrere Wochen schließen müssen. Für den Monat April 2020 zahlte sie die Gewerbemiete nicht. Das OLG Dresden entschied, dass die Einzelhändlerin für die Dauer der Geschäftsschließung die Kaltmiete um die Hälfte mindern kann. Durch die Corona-bedingte Schließung liege eine Störung der Geschäftsgrundlage vor. Dafür sei keine der beiden Parteien verantwortlich oder hätte die Störung bei Abschluss des Mietvertrags vorhersehen können. Daher sei es verhältnismäßig, die Belastung gleichmäßig auf beide Parteien zu verteilen und die Miete um 50 Prozent zu reduzieren.

KG Berlin, Urteil vom 01.04.2021, Az.: 8 U 1099/20

Das Kammergericht Berlin (zum Urteil) entschied, dass der Betreiber einer Spielhalle die Miete aufgrund der behördlich angeordneten Schließung um die Hälfte reduzieren kann.

Zur Bekämpfung der Corona-Pandemie hatte das Land Berlin die Schließung der Geschäfte angeordnet. Da er die Spielhalle nicht öffnen konnte, überwies der Mieter für die Monate April und Mai 2020 die Miete nur anteilig. Der Vermieter scheiterte mit seiner Klage auf Zahlung der restlichen Miete. Aufgrund der Schließungsanordnung sei die Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB gestört gewesen und der Mietzins könne daher um 50 Prozent reduziert werden, so das KG Berlin. Durch die angeordnete Schließung habe der Mieter die Räume nicht wie vertraglich vorgesehen nutzen können. Bei einer staatlich angeordneten Schließung zur Pandemiebekämpfung handele es sich nicht um ein gewöhnliches Risiko zur Gebrauchstauglichkeit der Mietsache, dass der Mieter alleine zu tragen habe, stellte das KG Berlin klar. Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls seien die Nachteile solidarisch gleichmäßig auf die Vertragsparteien zu verteilen, so dass die Miete bei einer vollständigen Betriebsuntersagung um die Hälfte reduziert werden könne, führte das Gericht weiter aus. Für die Mietminderung sei es nicht notwendig, dass eine konkrete Existenzbedrohung des Mieters durch die Geschäftsschließung festgestellt wird, stellte das Gericht weiter klar.

Höhe der Minderung der Gewerbemiete

Strittig ist auch, wie weit die Miete wegen des angeordneten Lockdowns gemindert werden darf. Ein Faktor dabei ist, ob das Geschäft vollständig geschlossen werden muss oder unter Einschränkungen für den Kundenverkehr geöffnet werden kann. Das Landgericht München hat hierzu mit Urteil vom 22. September 2020 eine Entscheidung getroffen (Az.: 3 O 4495/20). Demnach ist die Höhe der Mietminderung abhängig von Dauer und Art der Einschränkungen durch den Corona-Lockdown ist. In Betracht kämen gestaffelte Mietminderungen zwischen 15 und 80 Prozent.

Gerichte urteilen unterschiedlich – Einzelfallentscheidung

Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Mietminderung wegen des Corona-Lockdowns haben sich zwar verbessert und die Rechtsprechung hat sich zu Gunsten der Mieter entwickelt. Ein Selbstläufer ist die Reduzierung der Gewerbemiete jedoch nicht. Verschiedenen Gerichte haben einen Anspruch auf Mietminderung wegen der angeordneten Schließung auch schon abgelehnt. So haben beispielsweise die Landgerichte Zweibrücken (Az.: HKO 17/20), Frankfurt am Main (Az.: 2-15 O 23/20) und Oldenburg (Az.: 8 O 1268/20) entschieden, dass eine Mietminderung aufgrund des Corona-Lockdowns nicht gerechtfertigt ist. Ebenso hat das Landgericht Heidelberg mit Urteil vom 30. Juli 2020 die Reduzierung der Mietzahlung aufgrund der angeordneten Geschäftsschließungen abgelehnt (Az.: 5 O 66/20). Die Schließung der Geschäftsräume habe nichts mit der Beschaffenheit der Mietsache zu tun, sondern diene dazu, die Ansteckung der Kunden mit dem Corona-Virus und eine Ausweitung der Pandemie zu verhindern. Dieses Risiko liege beim Mieter und nicht beim Vermieter, stellte das LG Heidelberg fest. Die Miete müsse daher in voller Höhe gezahlt werden. Allerdings könne im Einzelfall das Festhalten am Mietvertrag wegen Störung der Geschäftsgrundlage unzumutbar sein. Das müsse der Mieter aber substantiiert darlegen, schränkte das LG Heidelberg ein. Inzwischen hat die Bundesregierung durch die Neuregelungen zur Störung der Geschäftsgrundlage die rechtliche Position der Mieter allerdings erheblich verbessert. Ein Automatismus zur Mietminderung ergibt sich daraus jedoch nicht. Es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalls an.

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